TEXTGRÖSSE:
Friedrich AniSchriftsteller
"Ohne Literatur? – Nicht auszuhalten!"


Der Münchner Schriftsteller über sein neuestes Hörbuch, über Kinder und die Macht der Literatur.


Jörg Steinleitner:  Herr Ani, für Ihr neues Hörbuch "Gottes Tochter" haben Sie das klassische Romeo und Julia-Motiv wiederbelebt. Was fasziniert Sie an Shakespeares Liebesgeschichte?

Friedrich Ani:  Sie ist zeitlos, man kann sie immer wieder in eine neue Realität transponieren, egal in welcher Epoche man lebt. Bei mir treffen sich zwei Liebende, die eigentlich nichts anderes trennt als die Entfernung zwischen Ost und Süd und ihre unterschiedliche Vergangenheit. Am Ende stellen sie fest, dass die Schatten der Vergangenheit zu dominant sind, als dass sie sich davon frei machen könnten.

Jörg Steinleitner:  Haben Sie Vorbilder, was das Schreiben von Kriminalromanen angeht?

Friedrich Ani:  Nein, aber ich habe natürlich im Laufe der Jahre einige Autoren gelesen. Georges Simenon und Friedrich Glauser zum Beispiel bevölkern dauerhaft mein Kriminalleben. Aber nicht als Vorbilder, sondern als Gasthäuser, in die ich immer wieder gerne einkehre.

Jörg Steinleitner:  "Gottes Tochter" setzt sich auch mit Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit auseinander. Wie weit reicht die Macht der Literatur: Kann Sie an den herrschenden Zuständen rütteln?

Friedrich Ani:  Ich glaube nicht. Ich glaube aber, dass Literatur in den Herzen und in den Hirnen Feuer legen kann – und: Ohne Literatur wäre das Leben eh nicht auszuhalten!

Jörg Steinleitner:  In Ihrem Roman haut das Mädchen Julika von zu Hause ab. Was können Eltern tun, damit ihnen ihre Tochter nicht wegläuft?

Friedrich Ani:  Ich glaube man kann sehr wenig tun. Wichtig ist, dass man sehr früh sehr offen mit seinen Kindern spricht. Und man darf nicht mit Gefühlen tricksen. Kinder merken schnell, wenn Eltern etwas anderes darstellen als sie fühlen. Außerdem, wenn mal ein Kind abhaut, ist das nicht so schlimm. Wichtig ist doch, dass es wieder zurückkommen mag.

Jörg Steinleitner:  Gert Heidenreich liest Ihren Roman als Hörbuch...

Friedrich Ani:  Es freut mich, dass er dies macht. Er ist ja nicht nur ein sehr guter Schriftsteller, sondern auch ein großartiger Vorleser.

Jörg Steinleitner:  Herr Ani, vielen Dank für das Gespräch!



Das Interview wurde abgedruckt in "Krimi. Das Magazin für Wort

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