TEXTGRÖSSE:
Anna und Katharina ThalbachSchauspielerinnen
"Die Männer von heute? – Da ist ja nicht viel los!"


Katharina und Anna Thalbach über das Matriarchat, potente Männer und ihr spannendes neues Hörbuch "Die Nebel von Avalon".


Jörg Steinleitner:  "Die Nebel von Avalon" erschien in Deutschland 1983. Es war ein Bestseller, der wegen seiner feministischen Interpretation für Wirbel sorgte. Erinnerten Sie, Katharina, sich, als die Anfrage für dieses Hörbuch kam, an diese Diskussion?

Katharina Thalbach:  Ehrlich gesagt nein. 1987 habe ich am Schillertheater "Macbeth" inszeniert. Da geht es unter anderem um Hexen. Das war für mich überraschend und neu. Und da habe ich dann auch begeistert "Die Nebel von Avalon" gelesen.

Jörg Steinleitner:  Was hat Sie bewogen, Anna, an "Die Nebel von Avalon" mitzuwirken? Mögen Sie Fantasy – oder einfach nur die Arbeit mit Ihrer Mutter?

Katharina Thalbach:  Natürlich arbeite ich gerne mit Kati zusammen. Ich habe das Buch schon als Mädchen verschlungen. Ich lese außerdem sehr gerne vor und diese Sage ist ein richtiger Klopper – das hat mich gereizt.

Jörg Steinleitner:  In "Die Nebel von Avalon" wird die Geschichte aus Sicht der Hohepriesterin Morgaine erzählt. Sie ist Artus' Schwester und stellt Frauen als stark und gut, Männer als schwach und verräterisch dar. Es gibt Leute, die sagen, es sei ein Zickenbuch?

Katharina Thalbach:  Das sagen nur die schwachen Männer. Und außerdem gibt es ja auch heute noch Kulturen, die mit einem Matriarchat funktionieren.

Anna Thalbach:  Ich finde den Gedanken total modern. Wenn man sich die Männlichkeit heute ankuckt, da ist ja nicht viel los! Als ich "Die Nebel von Avalon" gelesen habe, habe ich es eher als Darstellung einer Haltung angesehen. Und ich finde es sehr liebevoll geschrieben. Außerdem ist es eine spannende Zaubergeschichte.

Katharina Thalbach:  Und übrigens vertreten wir in unserer Familie das Matriarchat mit großer Freude ...

Anna Thalbach:  ... und Selbstverständlichkeit!

Katharina Thalbach:  Die meisten Urgöttinnen sind Frauen. Weil wir gebären. Das ist eine wichtige Funktion. Wir bluten beim Gebären und Männer wollen eben woanders bluten – im Krieg zum Beispiel.

Jörg Steinleitner:  Was macht einen guten Mann aus?

Anna Thalbach:  Witz, Fleiß, Intelligenz, Selbstsicherheit, Ehrlichkeit, Kraft und Wut ...

Katharina Thalbach:  ... und Potenz.

Jörg Steinleitner:  Sie sind beide starke Frauen – wie verteilen Sie die Macht untereinander?

Anna Thalbach:  Wir sind gleichberechtigt und geben uns gerne Ratschläge.

Katharina Thalbach:  Früher war ich der Boss. Aber dann mit Pubertät und als Anna selber Mutter wurde, hat sich das verändert.

Jörg Steinleitner:  Anna, Sie haben eine 9-jährige Tochter, spielt sie auch schon Theater?

Anna Thalbach:  Ja, Nellie hat in der Dreigroschenoper eine winzig kleine Rolle. Sie steht einfach auf der Bühne und strahlt. Aber die will schon eine eigene Garderobe ...

Katharina Thalbach:  ... und vor allem mehr Text!

Jörg Steinleitner:  Nochmals zum Buch: Es gibt da ja zwei Erzählebenen – einmal die von Katharina gesprochene, die zurückblickt auf die Vergangenheit. Und dann die Haupthandlung, die in der Vergangenheit spielt und von Anna übernommen wird. Damit rücken Sie, Katharina, in die Rolle einer "älteren Frau". Lässt Sie das kalt in einer Zeit, in der alle Welt versucht, so jung wie möglich zu sein?

Katharina Thalbach:  Es ist mir ehrlich gesagt schnurz und piepe – ich bin gerne die Alte!

Jörg Steinleitner:  Vielen Dank für das Gespräch.



Das Interview wurde abgedruckt in HörBuch 2004/II.

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